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Über das Lehrer*innenzimmer
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Das Lehrer*innenzimmer ist ein Ort, an dem wir Materialien aus unserem Unterricht sammeln und veröffentlichen. Wir arbeiten vor allem an feministischen, diskriminierungskritischen und sprachsensiblen Inhalten für den Deutschunterricht und veröffentlichen unser erprobtes Material hier als Open Educational Resources (OER). Das heißt, alle Dateien dürfen heruntergeladen, bearbeitet und ohne Einschränkungen vervielfältigt werden. 

Wir untersagen ausdrücklich die kommerzielle Nutzung unserer Materialien oder Auszügen daraus sowie ihre Verbreitung auf kostenpflichtigen Portalen.

 

Warum gibt es das Lehrer*innenzimmer?

Als Lehrer*in ist man immer auf der Suche nach passenden Materialien für den eigenen Unterricht. Und wo es keine gibt, muss man selbst welche erfinden. Trotz der Fülle des Angebots an Lehrwerken, Arbeitsblättern, Lektüren und Handreichungen für den Literaturunterricht finden wir häufig nichts, was unseren Ansprüchen wirklich gerecht wird. Wir glauben, dass wir nicht die einzigen mit diesem Problem sind. Das Lehrer*innenzimmer entstand vor allem aus dem Wunsch heraus, OER-Materialien für einen zeitgemäßen Literaturunterricht zu veröffentlichen. „Literaturunterricht“ fassen wir dabei weit und schließen z.B. Filme und Serien ein.

Wie sieht ein zeitgemäßer Literaturunterricht aus? Wir haben dazu ein paar Thesen.

 

„Die Schule in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft basiert auf dem Wissen um die Universalität, Unteilbarkeit, Unveräußerlichkeit und Interdependenz von Menschenrechten. Sie zeichnet sich durch die Wertschätzung sozialer, geschlechtlicher, sexueller, altersbezogener, körperlicher, geistiger, ethnischer, sprachlicher, religiöser und kultureller Vielfalt aus.“ 

RLP B Berlin, 2015, S. 25

Zeitgemäßer Literaturunterricht ist diskriminierungskritisch.

Unsere Schüler*innen wachsen in einer globalisierten, individualisierten und vernetzten Gesellschaft auf: Globalisiert, weil geopolitische Grenzen zunehmend an Bedeutung verlieren, individualisiert, weil vormals gesellschaftlich akzeptierte Normen und Regeln aufgeweicht werden und vernetzt, weil sie über Technologien verfügen, mit denen sie jederzeit mit potenziell jedem kommunizieren können. Das bedeutet, dass sie mit einem breiten Spektrum von Lebensentwürfen und Weltanschauungen konfrontiert werden. Ein diskriminierungskritischer Literaturunterricht kann dazu beitragen, dass sie mit dieser Vielfalt gelassen umgehen lernen. Der Rahmenlehrplan Berlin formuliert dazu entsprechende Bildungsziele.

„Dazu gehört die Fähigkeit, die eigenen Bilder von anderen kritisch zu hinterfragen sowie gesellschaftliche Rahmenbedingungen für die Entstehung solcher Bilder zu kennen und zu reflektieren. In der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, Weltanschauungen, Religionen und unterschiedlichen Traditionen werden eigene Standpunkte und Werte relativiert.“ 

RLP B Berlin, 2015, S. 31

Materialien für den Literaturunterricht müssen verschiedene Kulturen, Weltanschauungen, Traditionen, Werte und Lebensentwürfe als prinzipiell gleichwertig darstellen. Zu oft wird zwischen „uns“ und „dem Fremden“ unterschieden – eine Gegenüberstellung, die angesichts der kulturellen und weltanschaulichen Vielfalt in unseren Klassenzimmern wenig hilfreich ist. Es besteht immer die Gefahr, mit solchen Gegenüberstellungen unabsichtlich einzelne Schüler*innen zu stigmatisieren und auszugrenzen, z.B. aufgrund ihrer Herkunft.

„Die Schülerinnen und Schüler setzen sie sich u. a. mit Freundschaft, Partnerschaft, Liebe und Familie auseinander. Dabei wird die Vielfalt der Lebensweisen, der sexuellen Orientierungen und des Geschlechts einbezogen. [...] Sie reflektieren ihren Sprachgebrauch und lernen, ihre Körpersprache zu verstehen.“ 

RLP B Berlin, 2015, S. 34

Viele Werke, die in der Schule gelesen werden, reproduzieren stereotype Lebensweisen anstatt Vielfalt sichtbar zu machen. Zudem sind es häufig heteronormative Beziehungen, über die gesprochen wird, also Beziehungen zwischen einem Mann und einer Frau. Vielfältige Lebensweisen kommen selten vor. Außerdem: Die meisten Werke, die in der Schule gelesen werden, stammen von Autoren. Das liegt daran, dass der klassische Literaturkanon vor allem Werke von Männern enthält. (Wir sind nicht die einzigen, die das nicht mehr zeitgemäß finden.) Wir möchten damit keineswegs dafür plädieren, keine kanonischen Werke mehr zu lesen. Vielmehr geht es uns darum, zeitgemäße Zugänge zu den Werken anzubieten – zum Beispiel aus einer diskriminierungskritischen und feministischen Perspektive. Denn:

Zeitgemäßer Literaturunterricht ist feministisch.

Feminismus ist für viele ein Reizwort. Man könnte auch weniger knackig formuliert sagen: Zeitgemäßer Literaturunterricht trägt zur Gleichstellung der Geschlechter bei. Als Lehrer*innen haben wir den klaren Auftrag, die Schüler*innen bei ihrer Persönlichkeitsentfaltung fernab von Geschlechtsstereotypisierungen zu unterstützen. 

„In medial vermittelten Rollenbildern und anderen Darstellungen erkennen [die Schüler*innen] Stereotypisierungen und reflektieren Rolle und Funktion von Zuschreibungen. Sie können Formen geschlechtssensibler Sprache in Wort und Schrift anwenden und nutzen vielfältige Gelegenheiten zur Selbstreflexion. Abwertungen aufgrund des Geschlechts, der Geschlechtsidentität oder des Geschlechtsausdrucks begegnen sie selbstbewusst und zurückweisend.“ 

RLP Berlin B, 2015, S. 30

Die wenigsten Handreichungen etablierter Verlage sind wirklich dazu geeignet, dieses Bildungsziel zu erreichen. Frauen und Männer sind gleichermaßen von stereotypen Rollenerwartungen betroffen. Feministische Ansätze wollen diese Erwartungsmuster erklärterweise durchbrechen. Sie bieten damit einen Rahmen, um aus einer geschlechtersensiblen Perspektive über Literatur zu sprechen.

Zeitgemäßer Literaturunterricht ist sprachsensibel.

Aus den ersten beiden Thesen ergibt sich diese dritte: Wir müssen uns als Lehrer*innen über die Ausgrenzungsmechanismen von Sprache bewusst werden und mit Sprache sensibel umgehen. Eine wesentliche Aufgabe gerade des Sprachunterrichts, in den der Literaturunterricht immer eingebettet ist, ist die Förderung der Sprachbewusstheit der Schüler*innen. Dazu gehört auch die schon angesprochene geschlechter- und diskriminierungssensible Sprache. 

Wir gehen möglichst mit gutem Beispiel voran und benutzen in unserer Kommunikation mit den Schüler*innen das Gendersternchen in Wort und Schrift. Es gibt auch andere Möglichkeiten, sprachsensibel zu formulieren. Egal welche man benutzt: Es bietet sich die Chance, einen Reflexionsprozess bei den Schüler*innen in Gang zu setzen und damit ihre Sprachsensibilität zu schulen. Aus unserer Sicht lassen die Herausgaben der etablierten Schulbuchverlage das zu häufig vermissen.

Die Themen, die wir mit unserem Literaturunterricht verfolgen, sind fest im Rahmenlehrplan verankert. Um die Bildungsziele dieses Lehrplans zu erreichen, eignet sich der Literaturunterricht ganz besonders, weil genau dort die Auseinandersetzung mit Vielfalt stattfinden kann. Dazu braucht es nur ein paar zeitgemäße Ansätze.

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